Es ist heutzutage manchmal nur noch schwer vorstellbar, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, in der es noch keine Modeblogs gab. In der Frauen in ganz Deutschland sehnsüchtig auf die Veröffentlichung der nächsten Vogue, Harper`s Bazaar, InStyle oder Elle warten mussten, um zu erfahren, was sich in der Welt der Mode seit der letzten Veröffentlichung so alles getan hatte, um dann erneut quälend lang zu warten.
Heute ist die Fashion-Welt dank Internet so viel schneller, verfügbarer und auch öffentlicher geworden, dass wir bei all dem schnell vergessen, wer vor mittlerweile schon über einem Jahrzehnt die Pioniere waren, die uns diesen für uns mittlerweile selbstverständlichen Luxus des Fashion-Fix per Mausklick erst ermöglicht haben.
Einer dieser Pionier-Blogs in Deutschland war der im April 2007 gelaunchte „LesMads“ (kurz für „Les Mademoiselles“). Während der Rest der Welt schon fleißig bloggte, hinkte die deutsche Szene noch hinterher. Was zunächst als Hobby-Projekt der beiden Kölner Studentinnen Jessica Weiß und Julia Knolle auf der freien Blog-Plattform „Blogspot“ begann, und hauptsächlich für Familie und Freunde gedacht war, sollte so schnell zu einem der bekanntesten Modeblogs der Branche werden.
Obwohl weder Weiß noch Knolle über eine Ausbildung im Bereich Mode oder Journalismus verfügten, erweckte ihr frischer Mix aus den Themen Trends, Musik, Fotografie und Lifestyle schnell das Interesse des Burda-Verlages. Nach einer zweimonatigen Probezeit erhielten sie vom Verlag Hilfe bei der Gestaltung einer neuen, eigenen Website, und ein Budget für Reisen. Dadurch erhielten sie die Möglichkeit, ihr Repertoire auch international zu erweitern. Inhaltlich hatten die Bloggerinnen jedoch nach wie vor völlig freie Hand.
LesMads berichtete über verschiedenste Events, wie zum Beispiel Ausstellungen, Reisen und Festivals, Schwerpunkt blieb aber dennoch alles rund um die Welt der Mode: Die Autoren schrieben über Designer, Kollektionen und Models, berichteten vor Ort von Modenschauen, und lieferten Stylingtipps und Fotos von Streetstyles aus verschiedenen Städten und Ländern, oft direkt versehen mit Informationen dazu, wo sich die Styles am besten shoppen ließen. Wer dann immer noch nicht genug hatte, konnte auf dem blogeigenen Videokanal „LesMads.TV“ auf Clips von Modenschauen und Interviews zugreifen.
2008 wurde das Duo zum Trio, als Natalie Weiss, Spitzname „Schnati“, sich dem Team anschloss. Im Jahr 2010 absolvierte die Kölner Studentin der Medienkulturwissenschaft und Medieninformatik einen Studienaufenthalt in der Modemetropole Paris, und nutze dies als Gelegenheit, von dort über Modenschauen und andere Events, Streetstyles und ihre persönlichen Inspirationen zu bloggen.
Im gleichen Jahr entschloss sich Julia Knolle, LesMads zu verlassen, und stattdessen in der digitalen Redaktion des Condé-Nast-Verlags einen eigenen Blog für die Onlinepräsenz der deutschen Vogue zu unterhalten. Im Anschluss wurde LesMads im August 2010 zu einem ganzen Blogger-Netzwerk ausgebaut, um durch mehr Perspektiven für mehr Abwechslung und Vielfalt zu sorgen.
Mittlerweile hatte sich LesMads zu einem der meistgelesenen Blogs in ganz Deutschland entwickelt: 2010 wurde er von bis zu siebenhunderttausend modebegeisterten Lesern pro Monat besucht.
Diese Aufmerksamkeit nutzen die Bloggerinnen, um das Buch „Modestrecke – Unterwegs mit Les Mads“ zu vermarkten, das 2011 im Berlin Verlag erschien, und eine Sammlung von Reiseberichten, Geschichten über Begegnungen mit den Prominenten der Modeszene, und persönlichen Gedanken und Überlegungen über die Entwicklung der Modebranche, sowie Tipps zur Findung und Umsetzung des eigenen Stils beinhaltete.
Auch der Burda-Konzern erweiterte das LesMads-Angebot, und eröffnete im Juli 2011 einen LesMads-Onlineshop, in dem neben Designer-Mode, -Schmuck, -Uhren und -Accessoires auch Parfüm, Kosmetik und Haushaltsartikel angeboten wurden.
Im September 2011 verließ dann auch Jessica Weiß zugunsten einer Position als Executive Editor Online beim Interview Magazin den LesMads-Blog, welcher daraufhin von Katja Schweitzberger übernommen wurde. Schweitzberger hatte zuvor bereits ihren eigenen Blog „Bees and Balloons“ betreut, war also auch selbst kein unbeschriebenes Blatt in der Bloggerszene.
Sie blieb dann auch bis zum offiziellen Ende des LesMas-Blogs, das sie im Dezember 2015 verkündete, ohne konkrete Gründe zu nennen. Da zu dieser Zeit auch viele andere Modeblogs von der Bildfläche verschwanden, ist allerdings anzunehmen, dass der Siegeszug von Plattformen wie YouTube und Instagram das Format des Modeblogs in einem Maße verdrängt hatte, das es als Businessmodell nicht länger haltbar machte.
Obwohl die Szene mittlerweile über den Verlust von LesMads hinweggekommen zu sein scheint, und sich auch seine Gründerinnen neuen Herausforderungen zugewandt haben, sollten wir diesen Teil der deutschen Modegeschichte nicht in Vergessenheit geraten lassen, und dankbar an dieses Projekt zurückdenken, das den Weg für so viele andere neue und aufregende Ideen und Plattformen geebnet hat.